
Am 11. MĂ€rz 2011 kamen infolge der Dreifachkatastrophe aus Erdbeben, Tsunami und Kernschmelze im AKW Fukushima Daiichi 20.000 Menschen ums Leben. Fast eine halbe Million Menschen wurde aus ihren HĂ€usern vertrieben, rund 150.000 von ihnen konnten bislang nicht wieder in ihre Heimat zurĂŒckkehren. AnlĂ€sslich des 10. Jahrestages erklĂ€rt die SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Nina Scheer:
âDer 10. Jahrestag der Ereignisse von Fukushima lĂ€sst uns innehalten. Doch wĂ€hrend das Erdbeben und der von ihm ausgelöste Tsunami tragische Naturkatastrophen waren, ist das ReaktorunglĂŒck Folge menschlichen Handelns und hĂ€tte verhindert werden können. Die dreifache Kernschmelze verdeutlicht ein weiteres Mal, dass der konsequente Atomausstieg die einzig sinnvolle Schlussfolgerung ist.
Der im Jahr 2000 unter Rot-GrĂŒn beschlossene Atomausstieg hatte ĂŒber viele Jahre Bestand und wurde auch als verfassungskonform bestĂ€tigt. Mit der 2010 beschlossenen LaufzeitverlĂ€ngerung verwarf die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung diesen Energiewende-Weg, um wenige Monate spĂ€ter nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima erneut den Atomausstieg in Deutschland zu beschlieĂen. Diese schwarz-gelben Irrungen verursachten Rechtsunsicherheiten, welche die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler mit Ausgleichszahlungen teuer zu stehen kommen.
Inzwischen sind elf Atomkraftwerke abgeschaltet worden, bis Ende dieses Jahres werden drei weitere und im nĂ€chsten Jahr die letzten drei Atomkraftwerke fĂŒr immer heruntergefahren.
Heute zeigt sich, dass dieser Schritt richtig und konsequent war: Deutschland hat parallel zum ersten Atomausstiegsbeschluss begonnen, massiv in den Ausbau der Erneuerbaren Energien und ihrer Infrastruktur zu investieren und nun auch mit der Endlagersuche fĂŒr hochradioaktive AbfĂ€lle begonnen. Die von einigen propagierte Renaissance der Atomenergie als Lösung der Klimakrise ist ein Irrweg. Deutschland muss den Atomausstieg konsequent zu Ende fĂŒhren, die nach wie vor vorhandenen Fabriken zur Herstellung neuer Brennelemente endlich schlieĂen und den Atomausstieg auch fĂŒr Europa sowie weltweit voran bringen. Dies ist angesichts der Verwendung von Nukleartechnologie fĂŒr militĂ€rische Nutzung und auch mit Blick auf terroristische Anschlagsrisiken bereits eine friedenspolitische Pflicht.â
Atomenergie war und ist zudem immer auch ökonomisch verfehlt, fĂŒhrt Scheer fort. Zum einen lĂ€gen die gesamtgesellschaftlichen Kosten einer Kilowattstunde aus Atomstrom mit 25-39 Cent um ein Vielfaches höher als aus Wind oder Sonne, zum anderen seien die realen Kosten immer politisch aufgefangen worden. Dies gelte im Ăbrigen auch fĂŒr die immer wieder vermeintlich als kostengĂŒnstig angepriesenen kleinen modularen Reaktoren. Ferner gehe von den deswegen immer wieder verlĂ€ngerten Laufzeiten der europĂ€ischen AKWs mit einem derzeitigen Durchschnittsalter von 35 Jahren ein erhebliches Risiko aus â ganz zu schweigen von immer wieder neuen sich realisierenden Restrisiken und daraus resultierenden Bedrohungen fĂŒr Mensch und Umwelt.
Scheer mahnt: Investitionen in Atomenergie verzögerten zukunftsfĂ€hige Investitionen in die Energiewende, Erneuerbare Energien und Speichertechnologien und verhinderten damit mit zahlreiche ArbeitsplĂ€tze. Hinzu komme, dass noch kein Land der Welt ein funktionierendes Konzept zur Endlagerung der hochradioaktiven AbfĂ€lle umgesetzt habe. Und schlieĂlich berge die zivile Atomenergienutzung immer auch das Risiko der Anreicherung und Nutzung fĂŒr militĂ€rische Zwecke.
Die SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Nina Scheer ist Mitglied im Ausschuss fĂŒr Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, Mitglied im Ausschuss fĂŒr Recht und Verbraucherschutz sowie stellvertretende Vorsitzende des Parlamentarischen Beirats fĂŒr nachhaltige Entwicklung. Sie vertritt seit 2013 den Bundestagswahlkreis Herzogtum Lauenburg/Stormarn-SĂŒd, Schleswig-Holstein.
Als Initiatorin des âSozialdemokratischen Energiewende-Appellsâ, www.energiewende-appell.de, plĂ€diert sie mit inzwischen ca. 1600 MitunterzeichnerInnen fĂŒr einen Kohleausstieg bis 2030 und einen zu beschleunigenden Ausbau und Umstieg auf Erneuerbare Energien. Zu weitergehenden Forderungen vgl. aktuell auch: http://energiewende-appell.de/wp-content/uploads/2020/10/2020-10-30-EEG-Forderungen-Aenderungspunkte_final.pdf