Das Land erwartet weitere Bodensetzungen:

Die Landgesellschaft Schleswig-Holstein hat nach eigenen Angaben 75 GebĂ€ude auf oder an der âAltablagerung 78â in BarsbĂŒttel verkauft. FĂŒnf der KĂ€ufer haben sich nach Auskunft der Landesregierung im Laufe der Jahre an die Landgesellschaft gewandt, weil sie Probleme mit Erdabsenkungen, gerissenen Versorgungsleitungen oder Ă€hnlichem hatten. Weitere, die Zahl sei nicht mehr rekonstruierbar, hĂ€tten sich bei TĂ€tigkeiten vor Ort direkt gemeldet. Sie alle wurden von der Landgesellschaft auf einen umfassenden GewĂ€hrleistungsausschluss in den KaufvertrĂ€gen hingewiesen. Das ergab eine Kleine Anfrage des Landtagsabgeordneten Martin Habersaat. Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion wuchs in BarsbĂŒttel auf und kann sich noch gut erinnern, wie ihm als GrundschĂŒler Mitte der 1980er-Jahre das Spielen in den Kellern von Freunden verboten oder das Rollschuhfahren zwischen den Garagen auf dem Deponie-GelĂ€nde unmöglich wurde. âIch habe aktuelle Berichte ĂŒber Bodensetzungen und Klagen von Hausbesitzern deshalb zum Anlass genommen, mich ausfĂŒhrlich ĂŒber den aktuellen Stand zu informierenâ, berichtet er.
Die Deponiegase werden noch heute kontinuierlich ĂŒber Gasbrunnen aus dem Untergrund abgesaugt. Der reibungslose Betrieb wird regelmĂ€Ăig kontrolliert. Eine umfassende Ăberwachung der Gasabsaugung sowie der gesunden Wohn- und ArbeitsverhĂ€ltnisse erfolgt ĂŒber Probenahmen und Analysen von Bodenluftproben an Beobachtungsbrunnen. ErgĂ€nzend werden auch die Gaskonzentrationen an den Gasbrunnen kontrolliert. Die GelĂ€ndesetzungen werden an Höhenmesspunkten ĂŒberwacht. Viele Teile dieser Anlagen kann man bei einem Spaziergang ĂŒber das GelĂ€nde sehen. WĂ€hrend anfĂ€nglich Deponiegas mit etwa 30 Vol.-% Methan abgesaugt wurde, ist die Methankonzentration inzwischen auf im Mittel 0,4 Vol.-% abgesunken. An vielen Stellen der Altablagerung ist aktuell kein Methan mehr nachweisbar. Es ist ein weiterer Abbau der Restorganik zu erwarten, der sich in höheren CO2-Konzentrationen der abgesaugten Bodenluft bemerkbar machen wird. Der Absaugbetrieb wird weiter fortgefĂŒhrt.
Zum weiteren Setzungsverlauf wurde zuletzt 2019 eine Prognose erstellt, erfuhr Habersaat. Die Prognose geht von durchschnittlichen Restsetzungen fĂŒr die gesamte Altablagerung von 9â13 cm und fĂŒr den Zentralbereich von 16â25 cm aus. Lokal seien Abweichungen möglich. Habersaat: âDie aktive Gasabsaugung kann diese Setzungen beschleunigen. Es ist bedauerlich, von Hausbesitzern zu hören, wie ausgerechnet in ihren VorgĂ€rten deutlich stĂ€rkere Setzungen stattfinden.â Gefahren fĂŒr Nutzer der GrĂŒnanlage erwartet die Landesregierung nicht: Ein ĂŒberspannendes Geotextil verhindere Risiken durch Setzungen oder Rutschungen, insbesondere in der NĂ€he alter Fundamentreste abgerissener GebĂ€ude. Kleine lokale Hohlformen an der OberflĂ€che werden von der Gemeinde im Rahmen der Verkehrssicherung aufgefĂŒllt. Martin Habersaat: âDie Geschichte der Deponie 78 ist auch aus heutiger Perspektive ebenso erschĂŒtternd wie einzigartig. Von âDeutschlands gröĂter bewohnter MĂŒllkippeâ schrieb die Presse einst. Es wird noch sehr lange dauern, bis uns die Folgen nicht mehr an dieses unselige Kapitel in der Geschichte BarsbĂŒttels erinnern.â
Historie:

Auf dem Gebiet der sogenannten Deponie 78 (das Land zĂ€hlt die Altablagerungen durch, und in BarsbĂŒttel liegt u.a. die Nr. 78) wurde Ende der 1920er bis Mitte der 1950er Jahre fĂŒr ein Hartsteinwerk Sand abgebaut. Schnell fanden interessierte Menschen heraus, dass man auch mit der VerfĂŒllung der Gruben Geld verdienen konnte. Hinein kamen ab etwa 1930 Mineralbodenabraum und RĂŒckstĂ€nde aus der Hartsteinproduktion. Zwischen 1954 und 1966 wurden die Gruben, insbesondere durch die Hamburger Stadtreinigung, zur Ablagerung von MĂŒll (Haus-, Gewerbe-, Industrie- und SperrmĂŒll) sowie Boden und Bauschutt genutzt. Strittig war spĂ€ter die Frage, ob hier auch AbfĂ€lle der Hamburger Chemiefirmen Boehringer und Reichhold vergraben wurden. Danach wurde die VerfĂŒllung unterschiedlich mĂ€chtig mit Mineralboden abgedeckt. Auf dieser zirka elf Hektar groĂen Altlast wurden Ende der 1970er Jahre um eine GrĂŒnanlage (mit Rodelberg), die einen Zentralbereich des MĂŒllkörpers ĂŒberdeckt, etwa 170 WohngebĂ€ude errichtet. Bereits kurz nach dem Bau der GebĂ€ude kam es zu GelĂ€ndesetzungen, die sich zuerst durch auftretende SchĂ€den der Versorgungsleitungen bemerkbar machten. Es gab auch Risse in den HĂ€usern und richtige Krater, die sich auftaten. 1986 grĂŒndete sich eine BĂŒrgerinitiative, die anfangs Untersuchungen des MĂŒllkörpers und spĂ€ter eine Absiedlung forderte. Dieser Forderung wurde 1987/1988 auf Beschluss der damaligen Landesregierung stattgegeben. Das Land bestritt eine Gesundheitsgefahr, kaufte den EigentĂŒmern aber ihre HĂ€user ab. In der Mitte des GelĂ€ndes wurde alles abgerissen, 1994/1995 wurde eine Gasfassungs- und Entsorgungsanlage mit ĂŒber 85 Gasbrunnen und noch heute gut sichtbaren Sammelstellen auf der FlĂ€che installiert. GebĂ€ude am Rand der Deponie wurden saniert und verkauft.