Debatte am Freitag im Landtag
Im Sommer 2023 hatten sich Eltern von drei Stormarner Gemeinschaftsschulen mit Schreiben an die Bildungsministerin und den Bildungsausschuss des Landtags gewandt. An der Selma-Lagerlöf-Gemeinschaftsschule in Ahrensburg, der Gemeinschaftsschule Reinbek und der Friedrich-Junge-Schule Großhansdorf fehlten Lehrkräfte. Fachunterricht fand nicht oder nicht bei Fachlehrkräften statt, Stunden fielen aus. Martin Habersaat, Landtagsabgeordneter aus Reinbek und Vorsitzender des Bildungsausschusses, traf sich damals mit Eltern dieser Schulen und in den vergangenen Monaten mit vielen weiteren. Aus Sicht des SPD-Bildungspolitikers ist die Lage seitdem eher schlechter geworden: „Die Zahl der Lehrkräfte ohne abgeschlossene Ausbildung steigt, inzwischen sind 10,4 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer an unseren Schulen gar keine richtigen Lehrer, an den Grundschulen 15,9 Prozent. Das ist der Durchschnitt. Wir finden im Land heute Schulen, bei denen die Hälfte des Kollegiums aus Menschen besteht, von denen wir froh sind, dass es sie gibt, die aber eben keine fertig ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrer sind.“
Und trotz dieser Lage gehe die Landesregierung schäbig mit den Vertretungslehrkräften um, kritisiert Habersaat. Immer wieder gibt es dramatische Einzelfälle. Zwei Beispiele aus dem Kreis Stormarn: Eine studierte Musikpädagogin darf nicht an der Grundschule bleiben, weil sie keine Grundschullehrerin ist. In der Folge gab es dort keine Musiklehrkraft mehr, aber Hamburg freute sich über eine neue Musiklehrerin. Eine studierte DaZ-Lehrkraft unterrichtet DaZ (Deutsch als Zweitsprache) in einer DaZ-Klasse. Aber vielleicht nicht mehr lange, weil DaZ in Schleswig-Holstein nicht als Fach gilt. Habersaat: „Die Not in den Kreisen scheint in Kiel noch nicht angekommen zu sein. Dabei sprechen die Zahlen eine deutliche Sprache: Im gesamten Schuljahr 2022/23 waren 4.325 Personen befristet als Vertretungslehrkräfte an den Schulen in Schleswig-Holstein eingestellt. Allein am Stichtag am 1. Oktober 2023 waren es mehr: 4.487 – davon 3.127 ohne abgeschlossene Lehramtsausbildung. Diese Entwicklung lässt sich auch in den Kreisen Stormarn und Herzogtum Lauenburg beobachten: Waren es im letzten Schuljahr in Stormarn noch 194 Vertretungslehrkräfte ohne abgeschlossene Lehramtsausbildung, davon 68 an den Grundschulen, stieg ihre Zahl im aktuellen Schuljahr bislang auf 309, davon 124 an den Grundschulen (+59 Prozent, an den Grundschulen +82 Prozent). Im Kreis Herzogtum Lauenburg gab es eine Steigerung um 69 Prozent von 138 auf 233.
Die SPD-Landtagsfraktion fordert deshalb in einem Antrag einen neuen Umgang mit Vertretungslehrkräften und dem Fachkräftemangel an den Schulen. Dieser wurde bei einer Veranstaltung mit über 70 betroffenen Vertretungslehrkräften und Schulleitungen erarbeitet. Am 19. Juli um 10 Uhr wird der Antrag im Landtag beraten. Die Debatte kann hier live verfolgt werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/parlatv/.
Material:
Antrag: Ein neuer Umgang mit Vertretungslehrkräften und dem Fachkräftemangel an den Schulen
https://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl20/drucks/02200/drucksache-20-02233.pdf
Schreiben vom Sommer 2023
https://www.martinhabersaat.de/2023/06/21/notruf-nach-kiel-lehrkraefte-fehlen/
Runder Tisch Vertretungslehrkräfte
Bericht zur Unterrichtssituation 2022/23 (Qualifikation der Lehrkräfte auf S.34)
https://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl20/drucks/01600/drucksache-20-01675.pdf