Die SPD lädt Vertretungslehrkräfte zu einem Runden Tisch ein. Auch für die Kreise Stormarn und Herzogtum Lauenburg ist das ein wichtiges Thema, erläutert Martin Habersaat, Landtagsabgeordneter aus Reinbek und bildungspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion: „„Jede zehnte Lehrkraft in Schleswig-Holstein ist gar keine fertig ausgebildete Lehrkraft. Ohne Vertretungslehrkräfte geht an unseren Schulen nichts. Im Kreis Stormarn betrifft dies 206 Stellen, davon 68 allein an den Grundschulen. Im Kreis Herzogtum Lauenburg 135 Lehrkräfte. Vermutlich in beiden Fällen sogar deutlich mehr, weil die Landesregierung als Stichtag für die letzte Auswertung einen Tag mitten in den Sommerferien gewählt hat.“ Durch die aktuellen Regelungen nehme die Landesregierung in Kauf, dass Studierende in Vollzeit an der Schule arbeiten und dadurch erst später fertig ausgebildet zur Verfügung stehen. Und die Landesregierung nehme in Kauf, dass engagierte Menschen mit befristeten Verträgen an den Schulen arbeiten und nicht mehr verlängert werden, bevor sie auf Entfristung klagen können. Habersaat: „Dann werden sie durch Vertretungslehrkräfte ohne entsprechende Erfahrungen ersetzt. Kein Wunder, dass es mit den Leistungen der Schülerinnen und Schüler bergab geht.“
Wer sind diese Vertretungslehrkräfte? Wie geht es ihnen? Was muss politisch für sie getan werden? Über diese und ähnliche Fragen will die SPD-Landtagsfraktion mit ihnen selbst ins Gespräch kommen und lädt zu einem Runden Tisch zum Thema Vertretungslehrkräfte ein. Dieser findet statt am Donnerstag, dem 25. April 2024 um 19 Uhr im Fraktionssitzungssaal der SPD (Raum 383) im Landtag, Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel.
Anmeldungen erfolgen über die Homepage der SPD-Fraktion https://www.spd-fraktion-sh.de/termin/vertretungslehrkraefte/.
Zum Hintergrund der Veranstaltung Martin Habersaat:
„Aus der aktuellen Situation ergeben sich zwei zentrale Problemfelder:
- An unseren Schulen fehlen Fachkräfte.
Die Zahl der Lehrkräfte ohne abgeschlossene Ausbildung ist gestiegen, inzwischen sind 10,4 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer an unseren Schulen gar keine richtigen Lehrer, an den Grundschulen 15,9 Prozent. Das ist der Durchschnitt. Wir finden im Land heute Schulen, bei denen die Hälfte des Kollegiums aus Menschen besteht, von denen wir froh sind, dass es sie gibt, die aber eben keine fertig ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrer sind. Der Unterrichtsausfall nimmt zu, von Schuljahr zu Schuljahr, von Halbjahr zu Halbjahr. Es ist absehbar, dass das Problem in den nächsten Jahren eher größer als kleiner wird, wenn die Pensionierung der geburtenstarken Jahrgänge sich fortsetzt.
- Für Vertretungslehrkräfte fehlen Perspektiven
Aber nicht nur für die Schulen ist die Lage problematisch. Auch für die Menschen, die als Vertretungslehrkraft den Weg an eine Schule gefunden haben. Menschen, die eigentlich langfristig gebraucht werden, für die es aber kaum langfristige Perspektiven an der Schule gibt. Quer- und Seiteneinstieg sind unter bestimmten Umständen möglich, aber kaum verlässlich planbar. Wurde der befristete Vertrag zu oft verlängert, wird das Arbeitsverhältnis beendet, aus Sorge, die Vertretungslehrkraft könne sich auf eine unbefristete Stelle klagen. Da ist die Fachkraft für Deutsch als Zweitsprache, die genau in diesem Bereich an einer Beruflichen Schule arbeitet, aber leider keine Stelle erhalten kann. Da ist die studierte Musikpädagogin, die jetzt nicht mehr an einer Grundschule in Schleswig-Holstein, sondern in Hamburg unterrichtet. Und da sind Schulleitungen, die händeringend nach Ersatz für diese Kräfte suchen.“
Im letzten Schuljahr (2022/23) waren 4.325 Personen befristet als Vertretungslehrkräfte an den Schulen in Schleswig-Holstein eingestellt. Am 1. August 2023 waren es 2.924. Die abschließende Zahl für das laufende Schuljahr sollte im September 2024 vorliegen. Die Zahl der Lehrkräfte ohne abgeschlossene Ausbildung ist gestiegen, inzwischen sind 10,4 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer an unseren Schulen gar keine richtigen Lehrer, an den Grundschulen 15,9 Prozent.
Auswertung nach Kreisen/ kreisfreien Städten (Quelle: Drucksache 20/1404)
Nicht vollausgebildete Lehrkräfte 2022/23
(Stichtag 7.10.23) |
Nicht voll ausgebildete Lehrkräfte 2023/24
(Stichtag 1.8.2023)** |
|
Dithmarschen | 125 (60 an Grundschulen) | 96 (45) |
Flensburg | 94 | 63 |
Lübeck | 196 | 107 |
Steinburg | 120 (69 an Grundschulen) | 98 (48) |
Kiel | 212 (74 an Grundschulen) | 165 (62) |
Nordfriesland | 134 | 72 |
Neumünster | 113 | 91 |
Stormarn | 194 (68 an Grundschulen) | 206 (68) |
Ostholstein | 66 | 47 |
Pinneberg | 301 (114 an Grundschulen) | 313 (130) |
Plön | 74 | 48 |
Rendsburg-Eckernförde | 174 | 191 |
Herzogtum Lauenburg | 138 | 135 |
Segeberg | 290 | 279 |
Schleswig-Flensburg | 142 | 82 |
3.338
(Differenz zu 4.325, weil am Stichtag weniger Vertretungslehrkräfte eingestellt waren als insgesamt im Schuljahr) |
2.924
(2022/23 und 2023/24 wegen der unterschiedlichen Stichtage nur bedingt vergleichbar, der 1.8.2023 lag mitten in den Sommerferien) |
Bemerkungen:
- **Zahlen 2022/23 und 2023/24 wegen der unterschiedlichen Stichtage nur bedingt vergleichbar, der 1.8.2023 lag mitten in den Sommerferien; umso erstaunlicher sind die Zuwächse in einigen Kreisen. Aktuellere Zahlen werden abgefragt)
- Besonders Kiel, Flensburg und ihr Umland können auf Lehramtsstudierende zurückgreifen. Dass Lehramtsstudierende teilweise volle Stellen ausfüllen, wird an anderer Stelle problematisiert.
276 Personen waren zudem ohne abgeschlossene Lehramtsausbildung unbefristet als Lehrkräfte eingestellt, davon 62 an Grundschulen und 51 an Gemeinschaftsschulen ohne Oberstufe.