Mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Treibhausgasminderungs-Quote setzt Deutschland die Vorgaben der EuropÀischen Erneuerbare-Energien-Richtlinie um und erhöht den Anteil EE im Verkehrsbereich bis 2030 auf 32 Prozent.
Mit dem Instrument der Treibhausgasminderungsquote und im Einzelnen ausgestalteten sogenannten ErfĂŒllungsoptionen werden Kraftstoffanbieter verpflichtet, eine der THG-Quote gemĂ€Ăe Emissionsminderung zu erreichen. Auf diesem Weg sollen auch die heute noch bestehenden wettbewerblichen Nachteile regenerativer Kraftstoffe ausgeglichen und so der Umstieg auf Erneuerbare Energien im Verkehrsbereich forciert werden.
âIm Parlamentarischen Verfahren konnten noch wesentliche Verbesserungen zugunsten regionaler Wertschöpfung und regenerativer Ressourcen erreicht werdenâ, so Dr. Nina Scheer, federfĂŒhrende Berichterstatterin; sie verhandelte das EU-Richtlinien-Umsetzungsgesetz (RED II) mit Ănderungen am Bundesimmissionsschutzgesetz fĂŒr die SPD-Bundestagsfraktion.
âEin groĂer Erfolg ist der nun schnellst mögliche Ausstieg aus der gesetzlichen Anrechenbarkeit von Palmöl. Zudem wird die Bundesregierung aufgefordert, den Ausstieg aus Palmöl auch im europĂ€ischen Regelungsrahmen festzuschreibenâ, so Scheer weiter. Der Regierungsentwurf hatte eine Ausphasung aus Palmölanrechnung erst mit 2026 vorgesehen.
Nina Scheer erreichte zudem sogenannte Upstream-Emissions-Reductions, UER, zu beenden, die nun gesetzlich mit 2026 auslaufen. Mit diesem 2018 eingefĂŒhrten Instrument bekommen Unternehmen bei der auslĂ€ndischen Förderung fossiler Ressourcen in Deutschland eine Minderung angerechnet, wenn sie das Entweichen von Treibhausgasen technisch unterbinden und entsprechende Investitionen leisten. âWenn es technisch möglich ist, Emissionen zu vermeiden, ist das zwar fĂŒr sich genommen positiv. Man kann und muss den Einsatz solcher Techniken dann aber auch zur Norm sowie zur Importbedingung erklĂ€ren, statt wie anhand der benannten UER wettbewerbliche Nachteile fĂŒr Erneuerbare Energien zu schaffen. Da Förderung und Verbrauch fossiler Rohstoffe auch unter Einsatz von Techniken zur Emissionsminderung unterm Strich klimaschĂ€dlich bleiben, sind sogenannte UER letztlich klimaschĂ€dliche Subventionenâ, so Scheer. In ErgĂ€nzung zum gesetzlichen Ausschluss von UER ab 2026 wird die Bundesregierung in einem EntschlieĂungsantrag der Koalitionsfraktionen aufgefordert, sich auf europĂ€ischer Ebene fĂŒr entsprechende Importvorgaben einzusetzen.
Die Regierungsfraktionen verstĂ€ndigten sich zudem auf einen frĂŒher und verstĂ€rkt ansetzenden Aufwuchs der Minderungsquote: wĂ€hrend der Regierungsentwurf fĂŒr 2030 22 % vorsah, sieht die gesetzliche und nun linear verlaufende Neureglung fĂŒr 2030 eine THG-Minderung von 25 % vor, was einem Anteil Erneuerbarer Energien im Verkehrssektor von 32 % entspricht.
Ebenfalls gelungen sei die Anrechenbarkeit von Wasserstoff aus biogenen Quellen in örtlichen Abfallverwertungsanlagen. Scheer: âSo wird angereizt, aus biogenen AbfĂ€llen etwa Wasserstoff fĂŒr kommunale Fahrzeuge zu gewinnen. Zugleich wird mit einer Eingrenzung der zu verwertenden Stoffe darauf geachtet, dass dies nachhaltig ist, indem nur genau benannte biogene Reststoffe angerechnet werden können. Dies schafft einen zusĂ€tzlichen Anreiz, etwa den KlĂ€rschlamm statt auf die Felder in die Verwertung zu bringen.â Die Anrechenbarkeit gilt gesetzlich ab dem 1. Juli 2023; die Bundesregierung soll bis dahin zur nĂ€heren Ausgestaltung Rechtsverordnungen erlassen.
Die umfangreichen Ănderungen enthalten noch viele weiteren Anreize zur schnellst möglichen Umstellung des Verkehrssektors auf regenerative Energien. Scheer: âMit einem gesetzlich fein austarierten Monitoringbericht wird zudem gewĂ€hrleistet, dass mögliche Fehlstellungen schnell korrigiert werden können.â
Das Gesetz enthĂ€lt bereits in der Fassung des Regierungsentwurfs ferner sowohl eine sogenannte Dreifachanrechnung in Bezug auf batteriebetriebene ElektromobilitĂ€t als auch eine Zweifachanrechnung fĂŒr Wasserstofftechnologie. Letztere steht teilweise aus EffizienzgrĂŒnden in der Kritik, da sie im Vergleich zur Batterietechnik mehr Energie braucht.
Hier entgegnet Scheer: âWenn bei jeder einzelnen Technik allein die Effizienz maĂgeblich ist, kann dies in Fragen von Innovation und Anreizwirkungen auch lĂ€hmen und insgesamt zu einer Verschleppung der Verkehrswende sorgen. Nur die technologische Vielfalt wird letztlich den unterschiedlichen Bedarfen und Anwendungsfeldern gerecht. Wenn einige Akteure heute gar die Herabsetzung der Zielquote fĂŒr 2030 fordern, um aber jedenfalls dem Effizienzkriterium zu genĂŒgen, mĂŒssen sie auch beantworten, wie dann noch mit den jĂŒngsten MaĂgaben des Bundesverfassungsgerichts rechtzeitiger Klimaschutz gelingt.â
Ein Mehr an Energiebedarf bedeutet fĂŒr Nina Scheer selbstverstĂ€ndlich auch ein Mehr an Ausbau Erneuerbarer Energien – auch in Deutschland: âSchlieĂlich kann man als Industrienation nicht einerseits zu den weltweiten Spitzenreitern beim Pro-Kopf-Energie-Verbrauch zĂ€hlen und andererseits die unberĂŒhrte Landschaft fordern. Wo Erneuerbare Energien, allen voran Wind und Sonne, gewonnen werden, entsteht zugleich auch klimagerechte Wertschöpfung mit Zukunft. Insofern sollten wir dies als Chance begreifen.â
Der Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung der Treibhausgasminderungs-Quote (Bundestag DRS 19/27435) wurde heute mitsamt dem Ănderungsantrag der Koalitionsfraktionen (Ausschussdrucksache 19(16)572) und einem ausfĂŒhrlichen EntschlieĂungsantrag (Ausschussdrucksache 19(16)573) von den FachausschĂŒssen beschlossen und steht in der Nacht von Donnerstag auf Freitag zur Verabschiedung auf der Tagesordnung im Plenum des Deutschen Bundestages.