Serpil Midyatli diskutiert in Glinde einen neuen Ansatz in der Sozialpolitik
Die Gesellschaft hat sich in den letzten Jahrzehnten gewandelt. Familien leben nicht mehr in großen Verbünden am selben Ort, Vereinsstrukturen sind nicht mehr überall so fest, wie sie mal waren. Das hat Konsequenzen für menschliche Beziehungen, die Vereinsamung nimmt zu. Das Bedürfnis nach Nähe und Zuwendung aber steigt, vor allem nach zwei Jahren Corona. Die SPD will diesen Herausforderungen mit einer „Vor-Ort-für-dich-Kraft“ begegnen. Zunächst 100 solcher Kräfte möchte die SPD nach der Landtagswahl in die Stadtteile und Gemeinden schicken. Wie das gehen kann, diskutierte die stv. SPD-Bundesvorsitzende Serpil Midyatli, die auch SPD- Landes- und Fraktionsvorsitzende ist, jetzt mit einer Runde aus Fachleuten im Glinder Gutshaus.
Gabriela Wurst, Senioren-Assistentin aus Barsbüttel, würde sich zum Beispiel persönliche Geburtstagsglückwünsche für Menschen über 80 wünschen. Bei diesen Gesprächen könnten bei Bedarf passgenaue Hilfsangebote gemacht werden. Ein ähnliches Angebot könnte es für frischgebackene Eltern geben, denen ein Willkommenspaket für den Nachwuchs vorbeigebracht wird. Ein weiterer Wunsch wären zusammenfassende Flyer mit unterschiedlichen Angeboten. Wurst: „Nicht jeder Verein braucht einen eigenen Flyer. Wichtig ist, dass die Schrift gut lesbar gestaltet ist und wir die Informationen in verschiedenen Sprachen vorhalten.“
Volker Müller berichtete von der Arbeit des Glinder Gemeinschaftszentrums Sönke-Nissen-Park-Stiftung und von verschiedenen Ansätzen, mit Menschen ins Gespräch zu kommen und Unterstützung zu organisieren. Einige Wohnungsgenossenschaften statten ihre Wohnungen mit Notrufknöpfen für ältere Bewohner*innen aus. In Glinde ist das Spielmobil unterwegs, um einerseits Angebote für Kinder zu machen und anderseits deren Eltern, wo das erforderlich und gewünscht ist, mit Beratungsangeboten zu helfen. Auch in der Arbeit der Kirchengemeinden haben sich die Strukturen geändert, berichtete Pastorin Marielene Göhring aus Barsbüttel. Machte die Kirche früher Angebote, zu denen die Leute kamen, gehe es jetzt wieder vermehrt darum, rauszugehen zu den Menschen. Wichtig sei auch hier, Angebote möglichst niedrigschwellig zu entwickeln. Ähnlich lautete das Fazit von Frank Lauterbach. Der Glinder SPD-Vorsitzende leitet auch den Sozialausschuss der Stadt: „Wir müssen immer wieder bereit sein, zu den Menschen zu gehen. Viele trauen sich nicht, selbst aktiv zu werden, manche wissen nicht, wohin sie sich wenden sollen.“ „Abholen“ laute das Zauberwort.
Serpil Midyatli: „Wir haben heute eine Vielzahl von Unterstützungsangeboten, die nicht abgerufen werden. Sei es, weil sie unbekannt sind, sei es, weil die Beantragung zu kompliziert ist. Deshalb brauchen wir aus unserer Sicht diesen zusätzlichen Baustein für eine gute Sozialpolitik. Wir brauchen Netzwerker*innen mit einem Grundverständnis für die Belange der Menschen vor Ort.“
Fotos:
- Serpil Midyatli, Marielene Göhring, Gabriela Wurst, Volker Müller, Frank Lauterbach (Vorsitzender SPD Glinde)
- Frank Lauterbach, Volker Müller, Gabriela Wurst, Serpil Midyatli