„Das ist eine neue Dimension rechten Terrors. Meine Anteilnahme gilt den Opfern und Angehörigen. Auch wenn wir noch am Anfang stehen, lassen das Bekennerschreiben und die Videobotschaft eine frappierende Ähnlichkeit zu weiteren Terroranschlägen der vergangenen Monate vermuten. Wir haben offenbar, neben anderen Formen des Rechtsterrorismus, auch ein massives Problem mit dem Phänomen des so genannten „Lone Wolf White Supremacist““ – Tobias von Pein, SPD.
War es ein „Lone Wolf White Supremacist“? Einiges spricht momentan dafür. Unter diesem Phänomen versteht man einen rechtsterroristischen Tätertyp, der die Rahmenbedingungen seiner Taten selbst bestimmt. In dieser spezifischen Form ist es ein Täter, der den Hass auf alles, was vom „Standard des weißen Mannes“ abweicht, zur Grundlage seiner Taten werden lässt – ‚Fremde‘, Frauen, Transsexuelle und viele weitere Gruppen von Menschen.
Zu der rechtsextremen Geisteshaltung des 43-jährigen Tobias R. gehören auch verschiedene Verschwörungsmythen. Die Absurdität seiner Aussagen dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich nicht um einen Einzelfall handelt. Auch wenn die Ermittlungen zu den genauen Zusammenhängen noch einige Zeit in Anspruch nehmen werden, drängen sich Vergleiche zu den Attentätern von Christchurch, El Paso, Halle oder Anders Breivik auf. Den Beispielen ist gemein, dass sie rechtsextreme und rassistische Motive hatten, ihre Taten gut vorbereitet waren und sie auf ihre Selbstinszenierung bedacht waren. Dabei war es ihnen wichtig, eine internationale Resonanz in einschlägigen Szenen zu erzeugen. Attentätern wie dem von Halle, mutmaßlich auch Tobias R., ist gemein, dass sie den Behörden bislang nicht als gefährlich bekannt waren, ein scheinbar bürgerliches Leben führten.
Den organisierten rechten Terrorgruppen (NSU, Revolution Chemnitz, Combat 18, etc.) und den „Lone Wolf White Supremacists“ ist gemein, dass sie glauben, mit ihrem Terror den ‚wahren Volkswillen‘ zu vollstrecken. Der Nährboden für ein solches Denken wird auch von den Scharfmachern der AfD und ihren Verbündeten bereitet.
„Man muss all diese Taten im Zusammenhang betrachten und ins größere Ganze einordnen, um das Problem in Deutschland nicht aus den Augen zu verlieren: der viel zu enge Fokus auf islamistischen Terror in den letzten beiden Jahrzehnten hat die Sicherheitsbehörden scheinbar fast blind gemacht für rechte Terrorstrukturen, die sich verborgen von ihnen radikalisieren und bereit sind, zuzuschlagen. Was wir brauchen ist ein entschlossener antifaschistischer Grundkonsens“ – Tobias von Pein.
„In diesen Stunden geht es aber auch darum, deutlich zu zeigen, dass wir den Kampf gegen Rechtsextremismus entschlossener als bisher angehen müssen. Wir sind es den Opfern schuldig und müssen diese Vorfälle lückenlos aufklären. Wenn der Vorsitzende der Kurdischen Gemeinde und andere Vertreter migrantischer Verbände sagen, dass sie „seit Jahren auf die Gefahren hinweisen” ist einiges im Argen“ – Tobias von Pein.