Auch Martin Habersaat bietet Gesprächsabende zu Literatur und Politik an:
„Ich habe schon sehr, sehr lange keine Kurzgeschichten mehr geschrieben.“ Robert Menasse reagierte mit einem Scherz auf die Frage, ob er die aktuelle Lage in Österreich literarisch aufbereiten werde. Gleichzeitig vermied er es so charmant, sich zu den aktuellen Geschehnissen in Wien äußern zu müssen. Zuvor hatte sich der Autor von „Die Hauptstadt“ durchaus meinungsstark und als glühender Europäer gezeigt.
„Die Hauptstadt“ ist Menasses Roman über die europäischen Institutionen. Er erschien 2017 und erhielt im selben Jahr den deutschen Buchpreis. Für eine Zeit war der Österreicher sogar nach Belgien gezogen, um in vielen Gesprächen die Atmosphäre der Stadt und der europäischen Verwaltung aufzusaugen. „Die Stadt Wien hat mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung als die EU für einen ganzen Kontinent.“ Das war einer der Sätze, mit denen Menasse Vorurteilen gegen Europa entgegentrat.
In den von ihm vorgelesenen Passagen ging es unter anderem um die Schuldenkrise in Griechenland. Die Banken, der Euro, die Weigerung der Briten, den Euro finanzpolitisch abzusichern – sie stellte er dem Umstand gegenüber, dass es in der Erzählung einiger immer „die faulen Griechen“ seien, die Europa in eine Krise gebracht hätten. Im Roman werden solche Erwägungen in Verbindung gebracht mit einer erschreckend hohen Selbstmordrate in Griechenland. Auch in Irland war diese zu beobachten – und nach Irlands Aufschwung nicht wieder zurück gegangen. „Der Konjunkturaufschwung kommt nicht dort an, wo vorher das soziale Netz zerstört wurde“, lässt Menasse einer seiner Figuren sagen.
Unter den Zuhörern im Landeshaus war auch der Reinbeker Landtagsabgeordnete Martin Habersaat. Er stellte Menasse eine Frage nach der unterschiedlichen Sichtweise auf Europa in Deutschland und Österreich. In beiden Staaten gibt es zuweilen die Sorge, zu viele Kompetenzen an Europa zu verlieren. In Österreich kommt dann noch die Angst hinzu, die großen Nachbarn Deutschland und Frankreich könnten die Führung an sich reißen. Menasse antwortete dialektisch: Auf der einen Seite sei Europa ja gerade ein Projekt, das verhindern solle, dass Deutschland jemals wieder die Führung des Kontinents beanspruche. Auf der anderen Seite sei Teil des Projekts aber eine Aussöhnung von Deutschland und Frankreich gewesen, da könnten solche Dynamiken kaum überraschen. Und die Lösung? Für Menasse läge sie in Europäischen Pässen und einer europäischen Staatsbürgerschaft.
Da wäre noch viel zu diskutieren gewesen und es zeigte sich wieder einmal, wie gut geeignet Literatur als Grundlage für so eine Diskussion ist. Martin Habersaat: „Ich habe schon viele spannende Abende zu ‚Politik und Literatur‘ gestaltet und biete das gerne immer wieder an. Auch als Gast in bestehenden Literaturrunden oder im Vereinsheim, wenn es mal ein etwas anderer Abend werden soll.“ Nach der Europawahl höre die Notwendigkeit, über Europa und über Politik zu sprechen, ja nicht auf. Terminabsprachen übernimmt Habersaats Wahlkreismitarbeiterin Marion Meyer, Tel.: 0151 – 654 811 66, E-Mail: marion.meyer@spd-barsbuettel.de.