Martin Habersaat wünscht sich Perspektiven für Schulen und Menschen:
Die Landesregierung weiß nicht, wie viele Vertretungslehrkräfte mit befristeten Verträgen an einem Quer- oder Seiteneinstieg in den Schuldienst interessiert sind. Und sie glaubt, diese Kräfte mit teils jahrelangen Erfahrungen auch nicht langfristig zu brauchen. Martin Habersaat, bildungspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion und Abgeordneter aus Reinbek, bezweifelt, dass das Land sich so eine Haltung leisten kann: „Je weiter weg von den Universitäten in Kiel und Flensburg wir gucken, desto größer wird in vielen Schulen der Anteil an Lehrkräften, die nicht auf Lehramt studiert haben und die befristet beschäftigt sind. Auch an vielen Grund- und Gemeinschaftsschulen in Stormarn und im Kreis Herzogtum Lauenburg finden sich diese Kräfte, ebenso an Beruflichen Schulen und Förderzentren. Es wäre wichtig, diesen und den Schulen verlässliche Perspektiven aufzuzeigen.“
Hintergrund: Quer- und Seiteneinstieg in den Schuldienst, also eine Nachqualifikation mit unbefristeter Beschäftigungsperspektive, sind momentan nur möglich, wenn keine ausgebildeten Lehrkräfte zur Verfügung stehen. Das ist auf der einen Seite nachvollziehbar, auf der anderen Seite eine schlechte Nachricht für Menschen, die teilweise seit Jahren an Schulen tätig sind und sich weiterqualifizierten wollen. Selbst wenn sie sich bewährt haben, wenn Schulleitung, Schüler*innen und Eltern sich einen Verbleib der Vertretungslehrkraft wünschen, gibt es keinen planbaren Einstieg. Habersaat: „Es kann passieren, dass die Zahl der Kettenverträge ausgeschöpft ist und Menschen dem Schuldienst verloren gehen, die vielleicht nicht heute, aber mindestens in naher Zukunft dringend gebraucht würden. Aus den Schulen und von den Eltern hören wir jedenfalls nicht, dass genug Leute da sind und da bleiben. Im Gegenteil: Zu oft fällt Unterricht aus.“
Auch an anderer Stelle gehe das Land nicht besonders serviceorientiert mit den Menschen um. Das Zeitfenster für Bewerbungen sei klein und werde nicht zu verlässlichen Zeitpunkten geöffnet. Es gebe keine proaktive Information an Interessenten über „gucken Sie regelmäßig auf unsere Webseiten“ hinaus. Habersaat: „In der Folge weiß die Landesregierung auch gar nicht, wie viele Menschen auf einen Quer- oder Seiteneinstieg warten. Das ist fahrlässig. Im Rahmen einer Fachkräftestrategie sollte es darum gehen, Einstellungsfenster nicht willkürlich oder nur situativ zu öffnen und zu schließen. Gemeinsam mit den Schulleitungen muss ein Plan erarbeitet werden. Wer sich an der Schule bewährt, hat eine Perspektive verdient. Menschen, die Lücken in Mangelfächern schließen könnten, müssen gezielt angesprochen werden.“ (Bisher „können“ sie angesprochen werden.)
Es sei eine Katastrophe, dass die Landesregierung jetzt schon seit Monaten und offenbar noch für Monate im Blindflug unterwegs sei und keine Übersicht darüber habe, wie viele Menschen ohne Lehramtsqualifikation an unseren Schulen unterrichten. Der letzte Stand, als es die Übersicht noch gab, war: Jede zehnte Lehrkraft im Land ist gar keine.
Material
Kleine Anfrage 20/973