SHZ
Von Patrick Niemeier | 07.11.2024, 09:33 Uhr
Die SPD-Vorsitzende im Kreis Stormarn, Marion Meyer, macht die Unberechenbarkeit der Liberalen für das Aus der Ampel-Koalition verantwortlich. Sie spricht mit der Redaktion darüber, wie die Situation auch auf lokaler und regionaler Ebene Spuren hinterlassen hat, was das für die Sozialdemokraten bedeutetet und wie es jetzt weitergehen kann.
Die Ampel-Koalition auf Bundesebene ist Geschichte. Mit deutlichen Worten hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) seinen bisherigen Finanzminister Christian Linder (FDP) entlassen. Scholz möchte die Vertrauensfrage stellen und stellt Neuwahlen in Aussicht. Wir haben mit der Vorsitzenden der SPD Stormarn, Marion Meyer, über die Situation gesprochen.
Frau Meyer, wie beurteilen Sie als Vorsitzende der SPD Stormarn die aktuelle Entwicklung auf Bundesebene?
Die Entlassung von Finanzminister Christian Lindner durch Bundeskanzler Scholz war ein notwendiger Schritt und ein deutliches Zeichen der Konsequenz. Seit Beginn der Koalition haben wir in der SPD Stormarn die Unzuverlässigkeit und das ständige Lavieren der FDP kritisch beobachtet.
Gerade in Zeiten, in denen wirtschaftliche und soziale Stabilität erforderlich sind, konnte die Unberechenbarkeit der FDP das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit der Regierung nicht länger belasten. Dieser Entschluss zeigt den Willen, eine politische Grundlage für Stabilität zu schaffen – eine Voraussetzung, um drängende nationale und internationale Herausforderungen anzugehen.
Ist das aus Ihrer Sicht der einzige Schritt, der noch möglich war? Kommt er zu spät?
Die Entlassung Lindners war angesichts der massiven Vertrauensbrüche und des Blockierens wichtiger Entscheidungen der einzig sinnvolle Schritt, der noch möglich war. Rückblickend zeigen die gescheiterten Verhandlungen und der andauernde Konflikt, dass die Grenze der Zusammenarbeit längst erreicht war.
Scholz hat mit verschiedenen Angeboten an Lindner – unter anderem mit Blick auf den Wirtschaftsstandort und den Haushalt 2025 – versucht, Kompromisse zu erreichen. Die FDP und Lindner haben jedoch eine konstruktive Zusammenarbeit verweigert. Insofern ist diese Entscheidung ein notwendiger Schritt, um das Vertrauen in die politische Handlungsfähigkeit wiederherzustellen.
Wird so weiterer möglicher Schaden auch von der SPD abgehalten?
Mit dieser Entscheidung wollten wir verhindern, dass die SPD weiter in das Geschehen um parteipolitische Taktik und Blockadehaltung hineingezogen wird. Scholz hat deutlich gemacht, dass ernsthafte Regierungsarbeit Vorrang vor parteipolitischen Interessen haben muss.
Auf lokaler Ebene hoffen wir, dass dieser Schritt für Stabilität sorgt und den Bürgern zeigt, dass wir für ein verantwortungsvolles und zukunftsorientiertes Deutschland stehen.
Haben Sie auf lokaler oder regionaler Ebene die aktuellen Diskussionen auch aus den Reihen der Bevölkerung gemerkt? Häufig überlagert ja die bundesweite Stimmung durchaus die Wahrnehmung der Parteien auch vor Ort.
Ja, die bundespolitischen Spannungen haben in Stormarn ihre Spuren hinterlassen. Viele Bürgerinnen und Bürger äußerten Unsicherheiten über den Kurs der Regierung und die fehlende Stabilität durch die Dauerstreitigkeiten auf Bundesebene. Die Ampel-Koalition wurde nicht nur in Berlin infrage gestellt, sondern auch hier vor Ort.
Unsere Bundestagsabgeordnete für Südstormarn, Dr. Nina Scheer, hat diese Konflikte und Unsicherheiten auch regelmäßig auf unseren Kreisparteitagen für uns dargestellt und analysiert. Diese Einblicke haben uns stets geholfen, die nationale Ebene im regionalen Kontext einzuordnen und unseren Wählerinnen und Wählern angemessen zu begegnen.
Gerade im Kommunal- und Europawahlkampf haben wir die Folgen dieser ständigen Streitigkeiten deutlich zu spüren bekommen. Jedes Thema, jedes Gespräch stand im Zusammenhang mit der zerrissenen Koalition und der Unzufriedenheit über die politische Blockadehaltung in Berlin. Die allgemeine Verunsicherung und die Enttäuschung über parteipolitische Spielereien in einer so wichtigen Phase für das Land waren wiederkehrende Themen in unseren Gesprächen vor Ort.
Wir nehmen die Kritik der Bevölkerung ernst und sehen unsere Aufgabe darin, das Vertrauen in die Sozialdemokratie und in die politische Stabilität vor Ort weiter zu stärken. Scholz’ Entschlossenheit und seine klare Haltung zur Balance zwischen sozialem Zusammenhalt und notwendiger Sicherheitspolitik werden von uns voll unterstützt.