Anlässlich des heute im Bundestag verabschiedeten Maßnahmenpaketes erklärt die SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Nina Scheer:
„Die Corona-Pandemie erfordert von unserer Gesellschaft Einschnitte zur drastischen Verminderung von Neuinfektionen, zur Rettung von Menschenleben und auch zur Verhinderung von Folgeschäden vieler weiterer Erkrankter. Ein unbegrenzter Ansturm von infizierten Personen wird zudem von unserem Gesundheitssystem nicht aufzufangen sein – obwohl es im Vergleich zu anderen Ländern gut aufgestellt ist. Jede Überforderung gefährdet weitere Menschenleben. Schon deswegen muss alles getan werden, um Neuinfektionen zu vermeiden. Die hiermit verbundenen Einschnitte gilt es nun von Seiten des Staates so aufzufangen, dass Verluste an Arbeit, Wirtschaftsleistung, aber auch im Bildungs- und Betreuungssystem so gut es geht vermieden werden. In diesem Sinne hat der Deutsche Bundestag heute umfangreiche Rettungsmaßnahmen beschlossen, darunter auch Soforthilfen in Form von Zuschüssen für Kleinunternehmen sowie Maßgaben für einfach zu erlangende Kredite oder etwa auch unbürokratisch zu erlangende Grundsicherung. Auch Hilfen für Eltern und Familien, der Schutz von Mieterinnen und Mietern vor dem Verlust von Wohnraum sowie von Darlehnsnehmerinnen und Darlehnsnehmern und Maßnahmen zur Sicherung sozialer Einrichtungen und Dienstleister sind enthalten. Mit dem Maßnahmenpaket wird der Sozialstaat nach der Maßgabe eines auf Solidarität aufbauender Gesellschaft gestärkt.
Ulf Hahn, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft im Kreis Herzogtum Lauenburg (WFL) erklärt: „Die beschlossen Maßnahmenpakete der Bundes- und Landesregierung sind für den Augenblick eine gute Antwort auf die bei so vielen Betrieben entstandenen Einnahmeausfälle. Wir hoffen jedoch vor allem, dass der Shut Down nicht zu lange andauert.“
Nina Scheer ergänzt: „Bei den beschlossenen Hilfen kommt es nun darauf an, dass diese schnell und unbürokratisch bei denjenigen ankommen, die sie benötigen. Damit dies funktioniert, muss auch hier gut kooperiert werden. Daher rufe ich weiter dazu auf, Anregungen und Beobachtungen an die angegebenen Kontaktdaten zu übermitteln. Ich nehme sie dankbar auf.
Die zahlreichen Gespräche, die ich in den vergangenen Tagen geführt habe, waren geprägt von Zukunftsängsten, aber auch von viel gesellschaftlichem Zusammenhalt. Auf eben diesen kommt es zur Bewältigung der anstehenden Wochen und Monate an.
Verstärkt muss nun aber auch daran gearbeitet werden, die Abhängigkeit von Importen in so sensiblen Bereichen wie etwa von Atemschutzmasken oder auch von Medikamenten einzugrenzen. Solche die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems gewährleistenden Produkte müssen in einem im Notfall benötigten Maß verfügbar sein. Insofern sind im Bereich der Daseinsvorsorge staatliche Aufgabenwahrnehmungen wie auch eine Gewähr für heimische Produktionsstandorte unverzichtbar.“
Bedauerlich sei, so Scheer, dass mit dem Koalitionspartner nicht vereinbar war, im Zuge des Maßnahmenpakets auch die gesetzliche Abschaffung des sogenannten Solardeckels zu beschließen. Scheer: „Der Fortbestand des Solardeckels bedroht tausende Arbeitsplätze im Bereich der Erneuerbaren Energien und bei Installationsbetrieben. Gerade vor dem Hintergrund der massiven Corona-Pandemie bedingten Einbußen hätte diese Gesetzesänderung nun vorgenommen werden müssen.“
Die Maßnahmen im Überblick:
Sicherung von Arbeitsplätzen
Wenn Unternehmen Arbeitsausfälle haben, können sie jetzt leichter Kurzarbeitergeld beantragen, statt die Beschäftigten zu entlassen. Das hat der Bundestag bereits in der vorletzten Woche beschlossen.
Kurzarbeitergeld kann demnach bereits gezahlt werden, wenn 10 Prozent der Beschäftigten eines Betriebes von Arbeitsausfall betroffen sind – und nicht wie sonst ein Drittel. Anders als bisher wird in Betrieben teilweise oder vollständig auf den Aufbau negativer Arbeitszeitsalden verzichtet. Erstmals kann Kurzarbeitergeld auch für Beschäftigte in Leiharbeit gezahlt werden. Die Bundesagentur für Arbeit erstattet die Sozialversicherungsbeiträge komplett.
Zusätzlich wird nun ermöglicht, dass Beschäftigte in Kurzarbeit in Bereichen aushelfen können, die notwendig sind, um die Infrastruktur und Versorgung aufrechtzuerhalten. Zuverdienste werden bis zur Höhe des vorherigen Einkommens gestattet.
Das Kurzarbeitergeld kann rückwirkend zum 01. März 2020 ausgezahlt werden. Zuständig ist die örtliche Arbeitsagentur.
Hilfen für Eltern und Familien
Wer wegen Schul- oder Kitaschließung seine Kinder betreuen muss und nicht zur Arbeit kann, wird gegen übermäßige Einkommenseinbußen abgesichert. Das wird im Infektionsschutzgesetz geregelt. Es wird befristet bis zum Ende der Schulschließung, aber längstens für sechs Wochen, nicht mehr nur direkt von der Krankheit Betroffene absichern, sondern auch erwerbstätige Eltern, die mit den Folgen der ausfallenden Betreuung klarkommen müssen und im Pandemie-Fall Lohnausfälle aufgrund der Kinderbetreuung haben.
Wenn erwerbstätige Eltern Kinder unter 12 Jahren zu betreuen haben, weil eine Betreuung anderweitig nicht sichergestellt werden kann, und Gleitzeit- bzw. Überstundenguthaben sowie Urlaub ausgeschöpft sind, erhalten sie weiter Geld vom Arbeitgeber, das diesem wiederum in Höhe des Kurzarbeitergeldes (in der Regel 67 Prozent des Bruttoeinkommens) von den zuständigen Behörden ersetzt wird. So werden Familien vor übermäßigen Einkommenseinbußen geschützt.
Außerdem wird der Zugang zum Kinderzuschlag vereinfacht, um Familien schnell zu helfen, die wegen der Krise Einkommensausfälle haben. Mit dem Kinderzuschlag werden Familien unterstützt, wenn das Einkommen zwar für den eigenen Lebensunterhalt, aber nicht für den der gesamten Familie reicht. Bei Neuanträgen wird nun vorübergehend nur das letzte Monatseinkommen geprüft – statt wie sonst das Einkommen der vergangenen sechs Monate. Damit sollen die Folgen von Lohneinbußen oder Arbeitslosigkeit abgemildert und sowohl Beschäftigte als auch selbständige Eltern erreicht werden.
Stabilisierung von Unternehmen
Um die Volkswirtschaft zu stabilisieren und Arbeitsplätze zu sichern, wird ein Wirtschaftsstabilisierungsfonds errichtet. Die Maßnahmen ergänzen die bereits geplanten Sonderprogramme der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW).
Der Fonds umfasst mehrere Instrumente. So soll ein Garantierahmen von 400 Mrd. Euro Unternehmen dabei helfen, sich am Kapitalmarkt zu refinanzieren. 100 Mrd. Euro sind für Rekapitalisierungsmaßnahmen zur Kapitalstärkung vorgesehen, um die Solvenz von Unternehmen sicherzustellen. Die Rekapitalisierung kann an konkrete Bedingungen geknüpft werden. Mit Krediten von bis zu 100 Mrd. Euro sollen die KfW-Sonderprogramme refinanziert werden. Zur Finanzierung dieser Maßnahmen wird der Bund je nach Bedarf zusätzliche Mittel am Kapitalmarkt aufnehmen.
Um gerade auch kleinere und mittelständische Unternehmen dabei zu unterstützen, liquide zu bleiben und Arbeitsplätze zu erhalten, hatte die Bundesregierung bereits in der vorletzten Woche mehrere Maßnahmen beschlossen. So wird es Unternehmen ermöglicht, ihre Steuerschulden erst später zu bezahlen und Steuervorauszahlungen zu senken. Um die Versorgung mit Liquidität zu verbessern, werden außerdem bestehende Programme für Liquiditätshilfen deutlich ausgeweitet und zusätzliche Sonderprogramme bei der KfW aufgelegt.
Unternehmen, Selbstständige oder Freiberufler die durch die Corona-Krise in finanzielle Schieflage geraten sind (sofern Sie bis zum 31.12.2019 nicht in Schwierigkeiten waren), können bei der staatlichen Förderbank KfW unbegrenzt und für 1,00 bis 2,12 Prozent Zinsen Kredite abrufen. Beantragen müssen sie diese bei ihrer Hausbank oder Sparkasse, die nach einer Bonitätsprüfung den KfW-Kredit an die Unternehmen durchleitet. 90 Prozent des Kreditausfallrisikos übernimmt die KfW, kassiert aber keine Zinsen. Die übrigen 10 Prozent tragen die Haubanken, die auch vollständig die Zinsen vereinnahmen (als Aufwandsentschädigung für die Bonitätsprüfung).
Soforthilfen für Soloselbständige und Kleinstunternehmen
Soloselbständige, Freiberufler und Kleinstunternehmen werden durch Soforthilfen unterstützt. Die Kreditprogramme zur Sicherstellung der Liquidität greifen bei ihnen oft nicht. Häufig verfügen sie über keine Sicherheiten oder weitere Einnahmen, müssen aber trotz möglicher Umsatzeinbußen weiterhin ihre laufenden Betriebskosten wie Mieten oder Leasingraten finanzieren.
Um ihre wirtschaftliche Existenz zu sichern, erhalten Soloselbständige, Freiberufler und Kleinstunternehmen eine finanzielle Soforthilfe, wenn sie infolge der Corona-Krise in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Die Soforthilfe beträgt bis zu 9.000 Euro Einmalzahlung für drei Monate bei bis zu fünf Beschäftigten. Bei bis zu zehn Beschäftigten sind es bis zu 15.000 Euro. Die Abwicklung soll elektronisch über die Länder beziehungsweise Kommunen erfolgen. Das Programm hat ein Volumen von 50 Mrd. Euro.
Schutz vor Insolvenzen
Die Fortführung von Unternehmen, die infolge der Corona-Pandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten kommen oder insolvent geworden sind, soll ermöglicht und erleichtert werden. Deshalb wird für diese Fälle die Insolvenzantragspflicht bis zum 30. September 2020 ausgesetzt. Zudem werden Anreize geschaffen, den betroffenen Unternehmen neue Liquidität zuzuführen und die Geschäftsbeziehungen zu diesen aufrecht zu erhalten. Für einen dreimonatigen Übergangszeitraum soll flankierend das Recht der Gläubiger eingeschränkt werden, die Eröffnung von Insolvenzverfahren zu beantragen.
Schutz von Mieterinnen und Mietern
Niemand soll wegen der Corona-Krise seine Wohnung verlieren, niemandem soll wegen krisenbedingter Zahlungsschwierigkeiten der Strom oder das Gas abgestellt werden.
Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Kleinstunternehmen sollen nicht von der Grundversorgung abgeschnitten werden, wenn sie wegen der Corona-Krise in Zahlungsschwierigkeiten kommen.
Wegen Mietschulden aus dem Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 dürfen Vermieter das Mietverhältnis nicht kündigen, sofern die Mietschulden auf den Auswirkungen der Corona-Pandemie beruhen. Dies gilt sowohl für Wohn- als auch für Gewerberaummietverträge. Die Verpflichtung der Mieter zur Zahlung der Miete bleibt dabei grundsätzlich bestehen.
Vereinfachter Zugang zur Grundsicherung
Menschen, denen durch die jetzige Krise das Einkommen oder die wirtschaftliche Existenz wegbricht, sollen mit ihren Familien nicht fürchten müssen, mittellos dazustehen. Deswegen wird der Zugang zu Leistungen der Grundsicherung vereinfacht.
Wer zwischen dem 1. März und dem 30. Juni 2020 einen Antrag auf Leistungen der Grundsicherung stellt und dabei erklärt, über kein erhebliches Vermögen zu verfügen, erhält SGB-II-Leistungen (u. a. ALG II). Erst nach dem Ablauf von sechs Monaten gelten wieder die üblichen Vorschriften. Auch Folgeanträge werden unbürokratisch für sechs Monate weiterbewilligt.
Außerdem werden die Ausgaben für Wohnung und Heizung in den ersten zwölf Monaten des Grundsicherungsbezugs in tatsächlicher Höhe anerkannt. Niemand, der zwischen dem 1. März und dem 30. Juni 2020 einen Antrag auf Grundsicherung stellt, soll deswegen umziehen müssen.
Stärkung von Krankenhäusern
Krankenhäuser werden mit Milliardenhilfen dabei unterstützt, die erforderlichen Intensiv- und Beatmungskapazitäten bereitzustellen. Wenn Krankenhäuser Einnahmeausfälle haben, weil sie planbare Operationen oder Behandlungen verschieben, um Kapazitäten freizuhalten, bekommen sie dafür einen finanziellen Ausgleich. Daneben erhalten die Krankenhäuser für jedes Intensivbett, das sie zusätzlich schaffen, 50.000 Euro von den gesetzlichen Krankenkassen. Die Länder finanzieren kurzfristig jeweils nach eigenen Konzepten weitere erforderliche Investitionskosten.
Für Mehrkosten, insbesondere bei persönlichen Schutzausrüstungen, erhalten Krankenhäuser vom 1. April bis zum 30. Juni 2020 einen Zuschlag. Zudem sind weitere Maßnahmen zur Stärkung der Finanzierung der Krankenhäuser vorgesehen, um diese bei der aktuellen Krisenbewältigung zu entlasten. Die Maßnahmen sehen eine Erhöhung des vorläufigen Pflegeentgeltwerts vor, wodurch nicht nur die Liquidität der Krankenhäuser verbessert wird, sondern auch erhebliche Zusatzeinnahmen entstehen. Außerdem sollen auch für niedergelassene Ärzte Einnahmeausfälle abgefedert werden.
Wenn die Bundesregierung künftig die Feststellung trifft, dass eine epidemische Lage von nationaler Tragweite vorliegt, ist das Bundesgesundheitsministerium ermächtigt, durch Rechtsverordnung Maßnahmen zu ergreifen, um die Gesundheitsversorgung aufrechtzuerhalten und etwa die Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln sicherzustellen.
Einsatz der sozialen Dienste
Viele soziale Einrichtungen und Dienstleister können ihre wichtige Arbeit derzeit nicht dort leisten, wo sie es sonst tun: Sprachkurse fallen aus, Kindergärten, Beratungsstellen oder Jugendclubs bleiben zu. Die Beschäftigten, die sonst diese wichtige Arbeit leisten, können jetzt in der Krise mithelfen. Sie erhalten Zuschüsse, wenn sie ihren Bestand nicht anderweitig sichern können.
Personal zur Aufrechterhaltung von Gesundheitsdienst und Infrastruktur
Es wird gesichert, dass Menschen, die in dieser schwierigen Zeit dabei helfen können, Krankenhäuser und Gesundheitssystem, Infrastruktur, öffentliche Ordnung und Versorgung aufrechtzuerhalten, nicht daran gehindert werden. Auch für Menschen in Rente oder Saisonarbeit, vor allem in der Landwirtschaft, wird unbürokratisch angereizt, während der Krise verstärkt mit anzupacken. Dafür wird ein höherer Hinzuverdienst bei der Rente ermöglicht und die befristete zeitliche Rahmen für kurzfristige Minijobs von jetzt 70 auf 115 Tage erweitert.
Strafverfahrensrecht
Die Schutzmaßnahmen im Zuge der Corona-Pandemie betreffen auch die Gerichte und Staatsanwaltschaften. Vor allem für strafgerichtliche Hauptverhandlungen ist absehbar, dass die gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten zur Hemmung der Unterbrechungsfristen bei strafgerichtlichen Hauptverhandlungen in § 229 Absatz 3 der Strafprozessordnung nicht ausreichend sind. Ziel der strafverfahrensrechtlichen Regelungsvorschläge ist es, durch einen zusätzlichen Hemmungstatbestand die Fortsetzung vieler durch die Pandemie unterbrochener Strafverfahren zu ermöglichen und so die Aussetzung und vollständige Neuverhandlung dieser Prozesse zu vermeiden. In das Einführungsgesetz zur Strafprozessordnung soll ein auf ein Jahr befristeter zusätzlicher Hemmungstatbestand für die Unterbrechungsfrist einer strafgerichtlichen Hauptverhandlung eingefügt werden. Dieser erlaubt es den Gerichten, die Hauptverhandlung für maximal drei Monate und zehn Tage zu unterbrechen, wenn diese aufgrund von Maßnahmen zur Vermeidung der Verbreitung der Corona-Pandemie nicht durchgeführt werden kann.
Nachtragshaushalt
Dank der soliden Finanzpolitik der vergangenen Jahre ist der Bund finanzpolitisch handlungsfähig. Um die Maßnahmen zur Bewältigung der Corona-Pandemie zu finanzieren, bedurfte es eines Nachtragshaushaltes.
Die enormen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Pandemie machen Kredite in Höhe von rund 156 Mrd. Euro erforderlich. Damit würde die nach der Schuldenregel zulässige Obergrenze der Verschuldung deutlich um knapp 100 Mrd. Euro überschritten. Die außergewöhnliche Notsituation rechtfertigt eine Überschreitung der Obergrenze gemäß Artikel 115 Absatz 2 Satz 6 Grundgesetz.